23. August 2006
Offener Brief gegen Ehrung eines NSDAP-Funktionärs in Wurzen
Offener Brief gegen Ehrung eines NSDAP-Funktionärs in Wurzen
Weitere Unterstützer gesucht
Wurzen, 23. August 2006: Mit einem offenen Brief wenden sich das Netzwerk für Demokratische Kultur
e.V. und weitere engagierte Bürger Wurzens gegen einen Vorschlag, eine Straße nach dem früheren Wurzener Oberbürgermeister Dr. Armin Graebert zu benennen. Der von einem Wurzener Bürger stammende Vorschlag war am 18. August 2006 von der Muldentaler Kreiszeitung, die als Beilage der Leipziger Volkszeitung erscheint, publik gemacht worden. Unterstützer dieses Vorschlages betonen dabei die Rolle Graeberts als vermeintlicher Retter Wurzens durch die kampflose Übergabe der Stadt an die US-Amerikanische Armee 1945.
Demgegenüber verweisen die Unterzeichner des Briefes darauf, dass die Stilisierung Graeberts als Retter Wurzens historisch verkürzt ist. Graebert war von 1938 bis 1945 Oberbürgermeister Wurzens und in dieser Eigenschaft nicht nur einfaches NSDAP-Mitglied, sondern Funktionsträger. Er war dies zudem in einer Zeit, in der die Verfolgungs- und Vernichtungsmaßnahmen insbesondere gegenüber den Juden in Deutschland und Europa ihren Höhepunkt erreichten. Dass diese Maßnahmen, von denen auch die Wurzener Jüdinnen und Juden betroffen waren, in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden stattfanden, ist historisch erforscht. Zudem wird in der Debatte die wichtige Rolle, die zwei Wurzener Antifaschisten bei der kampflosen Übergabe inne hatten, verschwiegen. Eine Ehrung Graeberts ist für die Unterzeichner aus diesen Gründen unvorstellbar.
In dem Brief, der im Original an den Wurzener Oberbürgermeister Dr. Jürgen Schmidt, den Wurzener Bürgermeister Gerald Lehne sowie den Wurzener Bürger, der den Namensvorschlag in die Diskussion gebracht hatte, gesandt wurde, fordern die Unterzeichner deshalb die Stadtverwaltung auf, dem Vorschlag nicht nach zu kommen. Der Zeitungsartikel, der die Debatte auslöste sowie der offene Brief sind auf der Homepage des NDK unter www.ndk-wurzen.de einsehbar.
Wer die Forderung des NDK unterstützen möchte wird gebeten, eine E-Mail mit Namen, Wohnort und Berufsbezeichnung/Tätigkeit an die Mail-Adresse team@ndk-wurzen.de zu senden. Die Liste der Unterzeichner wird fortlaufend aktualisiert und auf der Homepage des NDK veröffentlicht.
Die Erstunterzeichner sind:
Melanie Haller (Geschäftsführerin des NDK)
Ingo Stange (AMAL e.V.)
Jens Kretzschmar (Stadtrat der Linkspartei in Wurzen)
Stephan Meister (Organisationsberater)
Jamil Jawabra (AMAL e.V.)
Miro Jennerjahn (Projektkoordinator NDK)
Frank Schubert (Vorstandsmitglied des NDK)
Bernd Marks (NDK-Mitglied)
Doreen Janke (Vorstandsmitglied des NDK)
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