6. Juni 2008
Pressemitteilung: Zur Vorstellung der NPD-Positionen in der LVZ (05.06.2008)
[u]Pressemitteilung des NDK:[/u]
Total normal?
Zur Vorstellung der Kreistagskandidaten und ihrer programmatischen Positionen (LVZ vom 30. Mai 2008)
Wurzen, den 05.06.2006: Als ganz normale,
demokratische Partei präsentiert sich die NPD in der Kandidatenvorstellung der LVZ vom 30. Mai. Nahezu ungefiltert und unbehelligt von kritischen Nachfragen kann der Kreisvorsitzende berichten, welche „Akzente“ seine Partei im neuen Kreisparlament setzen möchte (redaktioneller Vorspann). Eine fragwürdige Ehre für diese menschenverachtende, verfassungsfeindliche Gruppierung, die im Muldentalkreis nun bereits seit über zehn Jahren fleißig daran arbeitet, zu einer akzeptierten Partei zu werden. Weit entfernt scheint sie davon nicht mehr zu sein. Da es die LVZ bisher leider weitgehend unterlassen hat, hinter die Fassade der Partei und ihrer sich als normale, bürgernahe Politiker gebenden Kandidaten zu blicken, möchte des Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. (NDK) dazu ein paar Anmerkungen machten. Zumal uns die Ehre zuteil wurde, dass uns der als NPD-Spitzenkandidat zu Wort kommende Marcus Müller mehr oder weniger direkt attackiert hat.
Wer hätte diese Entwicklung Anfang bis Mitte der 90er Jahre für möglich gehalten, als sich der jetzige NPD-Kreisvorsitzende Marcus Müller mit seiner Neonazi-Kameradschaft am Aufbau einer „national befreiten Zone“ versuchte? Die dabei verübten Übergriffe und Aktionen, an den Müller teilweise persönlich beteiligt war, machten die Stadt in den Augen des damaligen sächsischen Verfassungsschutzpräsidenten 1996 zum „wohl wichtigsten Zentrum der Neonazis in Deutschland“ und verschafften ihr einen unrühmlichen Platz in der bundesweiten Öffentlichkeit. Als es mit dem angestrebten „nationalen Jugendzentrum“ nicht mehr so gut lief, gründete Müller 1997 den NPD-Kreisverband und ließ sich 1999 in den Wurzener Stadtrat wählen. Dort schien er sich allerdings nicht so wohl zu fühlen, jedenfalls waren kaum parlamentarische Aktivitäten zu verzeichnen. Folgerichtig gab er das anstrengende Mandat auf, bastelte aber im Hintergrund weiter an seiner Parteikarriere.
Inzwischen arbeitet Müller als persönlicher Referent für den Dresdener NPD-Landtagsabgeordneten René Despang, lässt sich im schicken Anzug fotografieren und fordert „nachhaltige Beschäftigungsprogramme und Arbeitsdienste“. Dass das ein wenig nach „Reichsarbeitsdienst“ klingt, ist sicher nur ein Versehen. Schon deutlicher ist seine Attacke gegen „pseudointellektuelle Spießer unter der Maske eines vermeintlichen Antifaschismus in Netzwerk-Subkulturen“. Anscheinend behagt es dem sich zum Verteidiger des Kreishaushalts aufschwingenden einstigem Kameradschaftsführer nicht, wenn sich Initiativen wie unter anderem das Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. um den Aufbau einer aktiven Zivilgesellschaft und die Vermittlung demokratischer Werte bemühen. Ein Dorn im Auge sind ihm aber auch entsprechende Aktivitäten in den Schulen des Kreises – wie anders ist seine Forderung nach einer „Entpolitisierung des Unterrichts“ zu verstehen?
Dass die eigene Anhängerschaft bei Laune gehalten werden will, beweisen dagegen die markigen Worte auf der Internetseite des Kreisverbandes. Vom tobenden Kampf an der „Wahlkampffront“ berichtet Marcus Müller dort. Gleichzeitig grenzt er sich bemüht von den „Musterdemokraten“ der anderen Parteien ab und hofft angesichts des emsigen Einsatzes der eigenen „Verteilaktions- und Plakattrupps“ auf „satte Prozente“ bei der Wahl am 8. Juni. Wir können nur hoffen, dass die Wähler der NPD nicht auf diesen (Plakat-)Leim gehen.
Dabei ist Marcus Müller bei weitem nicht der einzige bedenkliche Kandidat auf der Liste der NPD. Der bisherige Kreisrat Heiko Forwerg etwa war früher bei den Schlägern von der Kameradschaft Gerichshain aktiv. Auch noch kurz nach seinem Einzug in den Kreistag 2004 musste er sich wegen einem Fall von gefährlicher Körperverletzung (aus dem Jahre 1999) vor Gericht verantworten. Gerd Fritzsche, der vor zwei Jahren noch als vorgeblich unabhängiger Bewerber bei der Bürgermeisterwahl in Borsdorf ins Rennen ging, tatsächlich aber schon seit längerem Artikel für rechtsintellektuelle bzw. rechtsextreme Zeitschriften wie „Junge Freiheit“ oder „Europa vorn“ verfasste, bekennt sich nun offen zu seiner eigentlichen politischen Heimat. Ebenso der einstige DSU-Kreisvorsitzende Peter Köppe, dessen Schwärmereien für die NPD selbst seinen stramm rechtskonservativen Parteifreunden zu viel wurden, weshalb sie ihn vor einem Jahr ausschlossen. Seine Zuneigung zu Partei und Parlament scheint auch Thomas Rosenberger wieder entdeckt zu haben. Schließlich saß der Wurzener ab 2004 bereits für einige Monate im hiesigen Stadtrat, bis er dieses Mandat Ende 2005 wie vor ihm bereits sein Kreisvorsitzender vorfristig abgab – angeblich aus persönlichen Gründen und wegen zu hoher Arbeitsbelastung. Diese hindert ihn nun nicht daran, im Wahlkreis 5 für den Kreistag zu kandidieren.
Wir finden, die Öffentlichkeit hat ein Recht, über diese Hintergründe informiert bzw. daran erinnert zu werden. Niemand sollte sich so einfach von den bunten Plakaten und Faltblättern sowie den wohlklingenden Worten der Partei täuschen lassen. Wer ihren Kandidaten seine Stimme gibt, entscheidet sich bewusst für Feinde der Demokratie und Verächter der Menschenrechte, deren nationalsozialistische Vorläufer dieses Land und die Welt bereits einmal ins Unglück gestürzt haben.
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