Anetta Kahane im Newsletter der Amadeu Antonio Stiftung, März 2019
Liebe Leserinnen und Leser,
eigentlich wissen wir, wie lange tiefgreifende Veränderungen in der Geschichte brauchen, um in der Lebenswirklichkeit als Normalität gesehen zu werden. Dennoch staunen wir, wenn die errungene Normalität sich als brüchig zeigt, als verletzbar, als leicht umzustoßen. Oder schlimmer noch: wenn wir erkennen, dass es doch noch nicht so weit her ist mit der vermeintlichen Normalität. Es ist gerade 100 Jahre her, dass Frauen in Europa um ihr Wahlrecht kämpften. Dieser Kampf hat lange gedauert, der von Männern gemachte Staat war unerbittlich. Der Kampf hat Leben gekostet und unzählige Frauen landeten in Zuchthäusern. Schaut man sich die Dokumente jener Zeit an, fallen zwei Dinge auf. Zum einen die unfassbare Herablassung der allermeisten Männer, ihre ungebremste Frauenverachtung, die brutale Gewalt gegenüber den Frauen generell und den Kämpferinnen im Besonderen. Frauen waren einfach nicht gleichwertig. Weder in der Ehe, noch in der Öffentlichkeit und sowieso nicht im Beruf. Sie waren keine Menschen, sondern nur Frauen. Sie hatten dem Manne zu dienen, zur Verfügung zu stehen und zu reproduzieren und sonst gar nichts. Schluss, Punkt, Aus.