28. Juni 2022
Solidarität mit Betroffenen rechter Gewalt
Brutaler Nazi-Übergriff auf 14-jährigen Tauchaer
Am vergangenen Mittwoch (22.06.) erfolgte in Taucha ein brutaler Übergriff – mutmaßlich durch Neonazis. Als Netzwerk für Demokratische Kultur wollen wir unsere volle Solidarität mit der betroffenen Person aussprechen. Dass Menschen (immer noch) Betroffene von rechten Übergriffen werden oder in Angst vor diesen leben müssen, darf niemals hingenommen werden. Es ist ein unhaltbarer Zustand und es liegt an uns allen, diesen zu verändern. An alle Betroffenen: Ihr seid nicht alleine & wir stehen hinter euch!
An dieser Stelle wollen wir die Stellungnahme des SAfT e.V. – (Solidarische Alternativen für Taucha) teilen:
Massiver rechter Übergriff in Taucha am 22.06.2022
Publiziert am 2022/06/26 von Saft
Triggerwarnung: Dieser Text enthält Schilderungen von Gewalt und Missbrauch.
In den frühen Morgenstunden des 22.06.2022 wurde ein 14-jähriger Tauchaer für mehrere Stunden von zwei mutmaßlichen Neonazis festgehalten, genötigt und misshandelt. „Dem Betroffenen gilt unsere Solidarität und Unterstützung. Wir sind erschrocken und wütend angesichts der menschenverachtenden Gewalt gegen den Teenager“, so eine Vertreterin von SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha. Die Tat ist ein trauriger Höhepunkt einer schon seit mehreren Jahren zu beobachtenden Entwicklung in Taucha.
Der Betroffene wurde in der Nähe des Gut Graßdorf von zwei Personen bedrängt, geschlagen, genötigt und über mehrere Stunden festgehalten. Der Jugendliche wurde durchsucht und homo- bzw. transfeindlich beleidigt. Er wurde gezwungen seine Bekleidung bis auf die Unterwäsche abzulegen, wurde bespuckt, fotografiert und gefilmt.
Der Betroffene war unter Androhung von weiterer Gewalt gezwungen, mehrere Stunden mit den Täter:innen zu verbringen, wurde quasi verhört und teilweise nur spärlich bekleidet durch die Straßen der näheren Umgebung getrieben, um nach vermeintlich linken Graffiti zu suchen.
Die Täter:innen versuchten außerdem Informationen über politische Strukturen, Freund:innen und Bekannte zu erpressen und schlugen auf ihr Opfer ein, bis dieses zu Boden ging. Beendet wurde dies Situation mit der Aufforderung alle linken Graffiti in Taucha bis Freitag, den 24.06.2022, zu entfernen. Die Täter:innen drohten an, sonst mit ihren Freunden wiederzukommen. So die Beschreibung des Tathergangs auf der Homepage https://aale.noblogs.org/rechter-angriff/.
Wir verabscheuen diese Tat und wünschen dem Betroffenen eine schnelle Erholung von den Verletzungen, Erniedrigungen und Einschüchterungen. Wir stehen für weitere Unterstützung bereit.
Engagement in Taucha ist bitter nötig, dass zeigen der erschreckende Übergriff am 22.06.2022 und diverse Vorfälle aus den vergangenen Jahren, von denen hier einige beispielhaft angeführt werden.
Erst vor wenigen Wochen wurde zum fünften mal in zwei Jahren eine Scheibe der Ladenfront des Allmende Taucha e.V. mutwillig sehr wahrscheinlich durch Angehörige der extrem rechten Szene beschädigt. Im August 2021 wurde eine Aktion zum Christopher Street Day auf dem Tauchaer Marktplatz wegen rechten Drohungen und Pöbeleien abgebrochen. Erinnert sei auch an den Übergriff von zwei Tauchaer Tätern aus dem rechten Spektrum in Jesewitz im Mai 2021. Infolgedessen ist der betroffene Indonesier aus der Gegend weggezogen. Bei einem Mitglied von SAfT e.V. wurde das Fahrrad vor dem Wohnhaus demoliert, nachdem er ebenfalls im Mai auf Stickern im ganzen Stadtgebiet als vermeintlicher Linksterrorist diffamiert und seine Adresse veröffentlicht wurde. Bekannte Akteure aus dem extrem rechten Milieu trainierten die Bediensteten der Tauchaer Polizeibehörde, betreiben in Taucha ein Kampfsportgym oder sind im Vereinssport beim Volleyball aktiv. All das scheint bislang weder in der Tauchaer Verwaltung und Politik oder der örtlichen Zivilgesellschaft größeren Widerspruch zu erzeugen, noch bei der Polizei zu mehr Aktivität und proaktiven Interventionen zu führen.
Bei der Landratswahl im Juni 2022 gaben mehr als 1000 Tauchaer:innen der Kandidatin der extrem rechten Partei „Freie Sachsen“ ihre Stimme. Beide Bürgermeisterkandidaten in Taucha waren sich im Interview mit „Taucha Kompakt“ im Vorfeld der Wahl einig, dass es in Taucha bereits mehrere Wellen extrem rechter Präsenz zu verzeichnen gab und normalisierten die Übergriffe damit. Solche Wellen gilt es zu brechen und nicht darauf zu warten, dass sie schon vorbeigehen mögen.
„Wir wünschen uns für Taucha mehr Mut und Engagement für eine lebendige demokratische und weltoffene Stadtgesellschaft. Dafür reichen bloße Appelle und Lippenbekenntnisse nicht aus“, so Klaus-Dieter Jacob von SAfT e.V., der selber schon von zahlreichen Einschüchterungsversuchen betroffen war. Es geht darum, auch im Kleinen zu widersprechen, alternative Angebote zu etablieren, Strukturen zu benennen und einzuhegen. Zögern und Wegschauen wird die Situation nur verschlechtern. An die Erfolge aus der Arbeit, der am Runden Tisch Taucha beteiligten Akteur:innen, muss angeknüpft werden, um die extreme Rechte in Taucha langfristig zu marginalisieren.
Wir rufen dazu auf, bei rechter Hetze entschieden zu widersprechen, die gewaltaffinen rechten Strukturen immer wieder kritisch zum Thema zu machen und sich für eine Gesellschaft der Vielen und der Vielfalt stark zu machen.
Die besten Genesungswünsche an den Betroffenen!
Solidarische Grüße von SAfT e.V. aus Taucha