14. September 2006
Zum Brief des Wurzener Ortschronisten Wolfgang Ebert
Per E-Mail erreichte uns heute folgender Brief zur gegenwärtigen Debatte um dir Rolle von Dr. Armin Graebert:
Zum Brief des Wurzener Ortschronisten Wolfgang Ebert
Grundsätzlich Hochachtung
vor der Arbeit eines Ortschronisten sei es hauptberuflich oder ehrenamtlich, jedoch erstaunt bin ich über die Darstellung der Rolle des ehemaligen NS- Funktionsträgers Graebert. Gerade Herr Ebert hat in seiner Tätigkeit, Zugang zu den Zeitdokumenten in denen nachzulesen ist, wie eng die Zusammenarbeit des NS - Oberbürgermeisteramtes und seiner Beamten im Rathaus mit Politik, NSDAP, Wirtschaft, Polizei, Gestapo und Militär war. Und man wusste welche leidvollen Konsequenzen das für viele Wurzener Bürger hatte.
Wenn Graebert seinem Gewissen gefolgt wäre, wie Herr Ebert spekuliert, dann hätte sich dieses schon Jahre früher melden müssen. Deswegen spekuliere ich auch einfach, Graeberts „Tat“ - eine Minute vor 12- war naturell bedingt einfache Selbsterhaltung. Dieser durchaus verständlichen, natürlichen Selbsterhaltung sei Dank ist meine Heimatstadt vor der Zerstörung, Unheil, weiteren Opfern und menschlichen Leid verschont geblieben. Ob dies allerdings eine Würdigung in der besagten Form verdient, ist mehr als fragwürdig.
Außerdem wäre das wieder ein Zugeständnis in Richtung ….„ aus der Geschichte nichts gelernt“.
Auch darum lehne ich persönlich diese Form der Würdigung ab. Bei aller Diskussion die jetzt entsteht, auch den Versuchen diesem oder jenem NS - Funktionär menschlichere Seiten abzuringen, dürfen wir nicht vergessen , ohne diese (menschlicheren) NS-Funktionäre
hätte das NS-System nie funktionieren können.
Noch ein Wort zum Netzwerk für Demokratische Kultur. Ich finde es schon sehr merkwürdig, ja unverschämt, wenn ein Historiker einer demokratischen Plattform, die sich täglich mit Geschichte beschäftigt, auseinandersetzt und vor negativen Wiederholungen der Geschichte warnt und sich aktiv engagiert, fehlendes historisches Wissen, fehlende Kompetenz und vor allem fehlendes Gewissen vorwirft.
Was wir heute tun und machen oder nicht tun und machen, ist morgen bereits Geschichte. Daran werden uns unsere Enkel und Urenkel beurteilen. Eines würden sie uns nie verzeihen, wenn wir trotz Wissen und der Erfahrung, die Wiederholung der übelsten Zeiten unserer Geschichte zulassen würden.
Andreas Klaus
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